Wie rafft’ ich mich auf in der Nacht, in der Nacht,
Und fühlte mich fürder gezogen,
Die Gassen verließ ich, vom Wächter bewacht,
Durchwandelte sacht
In der Nacht, in der Nacht, 5
Das Tor mit dem gotischen Bogen.
Der Mühlbach rauschte durch felsigen Schacht,
Ich lehnte mich über die Brücke,
Tief unter mir nahm ich der Wogen in acht,
Die wallten so sacht 10
In der Nacht, in der Nacht,
Doch wallte nicht eine zurücke.
Es drehte sich oben, unzählig entfacht,
Melodischer Wandel der Sterne,
Mit ihnen der Mond in beruhigter Pracht, 15
Sie funkelten sacht
In der Nacht, in der Nacht,
Durch täuschend entlegene Ferne.
Ich blickte hinauf in der Nacht, in der Nacht,
Ich blickte hinunter aufs neue: 20
O wehe, wie hast du die Tage verbracht,
Nun stille du sacht
In der Nacht, in der Nacht,
Im pochenden Herzen die Reue!
Im Wasser wogt die Lilie, die blanke, hin und her,
Doch irrst du, Freund, sobald du sagst, sie schwanke hin und her:
Es wurzelt ja so fest ihr Fuß im tiefen Meeresgrund,
Ihr Haupt nur wiegt ein lieblicher Gedanke hin und her!
Es ragt ins Meer der Runenstein,
Da sitz’ ich mit meinen Träumen.
Es pfeift der Wind, die Möwen schrein,
Die Wellen, die wandern und schäumen.
Ich habe geliebt manch schönes Kind 5
Und manchen guten Gesellen–
Wo sind sie hin? Es pfeift der Wind,
Es schäumen und wandern die Wellen.
Es ziehen die brausenden Wellen
Wohl nach dem Strand;
Sie schwellen und zerschellen
Wohl auf dem Sand.
Sie kommen groß und kräftig 5
Ohn’ Unterlaß;
Sie werden endlich heftig–
Was hilft uns das?
Es war ein alter König,
Sein Herz war schwer, sein Haupt war grau;
Der arme alte König,
Er nahm eine junge Frau.
Es war ein schöner Page, 5
Blond war sein Haupt, leicht war sein Sinn;
Er trug die seidne Schleppe
Der jungen Königin.
Kennst du das alte Liedchen?
Es klingt so süß, es klingt so trüb’! 10
Sie mußten beide sterben,
Sie hatten sich viel zu lieb.
Leise zieht durch mein Gemüt
Liebliches Geläute.
Klinge, kleines Frühlingslied,
Kling hinaus ins Weite.
Kling hinaus, bis an das Haus, 5
Wo die Blumen sprießen.
Wenn du eine Rose schaust,
Sag, ich laß’ sie grüßen.
“Sag, wo ist dein schönes Liebchen,
Das du einst so schön besungen,
Als die zaubermächt’gen Flammen
Wunderbar dein Herz durchdrungen?”
Jene Flammen sind erloschen 5
Und mein Herz ist kalt und trübe,
Und dies Büchlein ist die Urne
Mit der Asche meiner Liebe.
Der Tod, das ist die kühle Nacht,
Das Leben ist der schwüle Tag.
Es dunkelt schon, mich schläfert,
Der Tag hat mich müd’ gemacht.
Über mein Bett erhebt sich ein Baum 5
Drin singt die junge Nachtigall;
Sie singt von lauter Liebe,
Ich hör’ es sogar im Traum.
Es fällt ein Stern herunter
Aus seiner funkelnden Höh’!
Das ist der Stern der Liebe,
Den ich dort fallen seh’.
Es fallen vom Apfelbaume 5
Der Blüten und Blätter viel
Es kommen die neckenden Lüfte
Und treiben damit ihr Spiel.
Es singt der Schwan im Weiher
Und rudert auf und ab, 10
Und immer leiser singend
Taucht er ins Flutengrab.
Es ist so still und dunkel!
Verweht ist Blatt und Blüt’,
Der Stern ist knisternd zerstoben, 15
Verklungen das Schwanenlied.
Dämmernd liegt der Sommerabend
Über Wald und grünen Wiesen;
Goldner Mond im blauen Himmel
Strahlt herunter, duftig labend.
An dem Bache zirpt die Grille, 5
Und es regt sich in dem Wasser,
Und der Wandrer hört ein Plätschern
Und ein Atmen in der Stille.
Dorten, an dem Bach alleine
Badet sich die schöne Elfe; 10
Arm und Nacken, weiß und lieblich,
Schimmern in dem Mondenscheine.