My favorite German Poems


DER POSTILLION By JOHANN WOLFGANG VON GOETHE by usgermany
April 29, 2010, 7:05 am
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Lieblich war die Maiennacht,

Silberwölklein flogen,

Ob der holden Frühlingspracht

Freudig hingezogen.

 

Schlummernd lagen Wies’ und Hain,                                   5

Jeder Pfad verlassen;

Niemand als der Mondenschein

Wachte auf der Straßen.

 

Leise nur das Lüftchen sprach,

Und es zog gelinder                                                10

Durch das stille Schlafgemach

All der Frühlingskinder.

 

Heimlich nur das Bächlein schlich,

Denn der Blüten Träume

Dufteten gar wonniglich                                            15

Durch die stillen Räume.

 

Rauher war mein Postillion,

Ließ die Geißel knallen,

Uber Berg und Tal davon

Frisch sein Horn erschallen.                                       20

 

Und von flinken Rossen vier

Scholl der Hufe Schlagen,

Die durchs blühende Revier

Trabten mit Behagen.

 

Wald und Flur im schnellen Zug                                     25

Kaum gegrüßt–gemieden;

Und vorbei, wie Traumesflug,

Schwand der Dörfer Frieden.

 

Mitten in dem Maienglück

Lag ein Kirchhof innen,                                            30

Der den raschen Wanderblick

Hielt zu ernstem Sinnen.

 

Hingelehnt an Bergesrand

War die bleiche Mauer,

Und das Kreuzbild Gottes stand                                     35

Hoch, in stummer Trauer.

 

Schwager ritt aus seiner Bahn

Stiller jetzt und trüber;

Und die Rosse hielt er an,

Sah zum Kreuz hinüber:                                             40

 

“Halten muß hier Roß und Rad,

Mag’s Euch nicht gefährden;

Drüben liegt mein Kamerad

In der kühlen Erden!

 

“Ein gar herzlieber Gesell!                                         45

Herr, ‘s ist ewig schade!

Keiner blies das Horn so hell,

Wie mein Kamerade!

 

“Hier ich immer halten muß,

Dem dort unterm Rasen                                              50

Zum getreuen Brudergruß

Sein Leiblied zu blasen!”

 

Und dem Kirchhof sandt’ er zu

Frohe Wandersänge,

Daß es in die Grabesruh’                                           55

Seinem Bruder dränge.

 

Und des Hornes heller Ton

Klang vom Berge wieder,

Ob der tote Postillion

Stimmt’ in seine Lieder.–                                         60

 

Weiter ging’s durch Feld und Hag

Mit verhängtem Zügel;

Lang mir noch im Ohre lag

Jener Klang vom Hügel.



DER EICHWALD By JOHANN WOLFGANG VON GOETHE by usgermany
April 22, 2010, 7:04 am
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Ich trat in einen heilig düstern

Eichwald, da hört’ ich leis’ und lind

Ein Bächlein unter Blumen flüstern,

Wie das Gebet von einem Kind;

 

Und mich ergriff ein süßes Grauen,                                  5

Es rauscht’ der Wald geheimnisvoll,

Als möcht’ er mir was anvertrauen,

Das noch mein Herz nicht wissen soll;

 

Als möcht’ er heimlich mir entdecken,

Was Gottes Liebe sinnt und will:                                   10

Doch schien er plötzlich zu erschrecken

Vor Gottes Näh’–und wurde still.



SCHILFLIED By JOHANN WOLFGANG VON GOETHE by usgermany
April 15, 2010, 7:02 am
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Auf dem Teich, dem regungslosen,

Weilt des Mondes holder Glanz,

Flechtend seine bleichen Rosen

In des Schilfes grünen Kranz.

 

Hirsche wandeln dort am Hügel,                                      5

Blicken in die Nacht empor;

Manchmal regt sich das Geflügel

Träumerisch im tiefen Rohr.

 

Weinend muß mein Blick sich senken;

Durch die tiefste Seele geht                                       10

Mir ein süßes Deingedenken

Wie ein stilles Nachtgebet!



BITTE By JOHANN WOLFGANG VON GOETHE by usgermany
April 8, 2010, 7:01 am
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Weil’ auf mir, du dunkles Auge,

Übe deine ganze Macht,

Ernste, milde, träumerische,

Unergründlich süße Nacht!

 

Nimm mit deinem Zauberdunkel                                        5

Diese Welt von hinnen mir,

Daß du über meinem Leben

Einsam schwebest für und für.



DAS GRAB IM BUSENTO By JOHANN WOLFGANG VON GOETHE by usgermany
April 1, 2010, 6:58 am
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Nächtlich am Busento lispeln bei Cosenza dumpfe Lieder;

Aus den Wassern schallt es Antwort, und in Wirbeln klingt

    es wieder!

 

Und den Fluß hinauf, hinunter ziehn die Schatten tapfrer

    Goten,

Die den Alarich beweinen, ihres Volkes besten Toten.

 

Allzufrüh und fern der Heimat mußten hier sie ihn begraben,         5

Während noch die Jugendlocken seine Schulter blond umgaben.

 

Und am Ufer des Busento reihten sie sich um die Wette,

Um die Strömung abzuleiten, gruben sie ein frisches Bette.

 

In der wogenleeren Höhlung wühlten sie empor die Erde,

Senkten tief hinein den Leichnam, mit der Rüstung, auf             10

    dem Pferde.

 

Deckten dann mit Erde wieder ihn und seine stolze Habe,

Daß die hohen Stromgewächse wüchsen ans dem Heldengrabe.

 

Abgelenkt zum zweiten Male, ward der Fluß herbeigezogen:

Mächtig in ihr altes Bette schäumten die Busentowogen.

 

Und es sang ein Chor von Männern: “Schlaf in deinen                15

    Heldenehren!

Keines Römers schnöde Habsucht soll dir je dein Grab

    versehren!”

 

Sangen’s, und die Lobgesänge tönten fort im Gotenheere;

Wälze sie, Busentowelle, wälze sie von Meer zu Meere!